Es gibt sie mitunter, die einen oder anderen Tatort-Folgen, die man „so nebenbei“ laufen lassen kann. Keine spannenden Dialoge, keine wirklichen Geschichten. Mit dem neuen NDR-Tatort Wegwerfmädchen mit Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm verhält es sich jedoch anders. Wieder einmal greift der NDR damit ein wichtiges Thema auf, das mitten unter uns zum Alltag geworden ist, und das doch niemand wahrnehmen kann – oder will: Mädchenhandel.

Dies zeigt schon, dass der neue Furtwängler-Tatort, der heute um 20.15 Uhr im Ersten läuft, nicht gerade leicht verdauliche Sonntagabend-Kost ist. Die Bilder sprechen dabei für sich bei „Wegwerfmädchen“ und gerade die hohe Diskrepanz zwischen einer auf der einen Seite endlich wieder glücklichen Charlotte Lindholm und dem Menschenhandel und dem Unglück, den dieser über Betroffene, Familien und Freunde ist so stark spürbar, dass sie kaum einen nicht berühren wird.

Wegwerfmädchen ist dabei „nur“ der erste Teil eines Tatort-Zweiteilers, der zweiten Teil, Das Goldene Band, wird kommenden Sonntag ausgestrahlt werden. Beide Folgen können getrennt voneinander oder in den beiden Folgen hintereinander gesehen werden, darauf wies der NDR auch explizit hin.

Ich finde es mutig, ein in der Gesellschaft kaum beachtetes oder eher verdrängtes Thema in der Hauptsendezeit zu bringen und dem Ganzen auch noch gleich zwei Teile zu widmen. Dies zeigt einmal mehr, wie viele Gedanken sich die Macher der hannöverschen Tatorte und auch Maria Furtwängler um die Alltagsthemen machen, die von anderen gerne einfach „übersehen“ werden. Wegwerfmädchen ist deshalb ein wichtiger Tatort und sehr sehenswert, auch wenn er unter die Haut geht und nicht gerade etwas für schwache Nerven ist. Aber zeigt er doch eines: dass auch der, der nur an das Gute im Menschen glauben will, begreifen muss, dass auch das Böse, das in manchen von uns wohnt, schlimmer ist, als man sich vorzustellen vermag.

NDR-Tatort Wegwerfmädchen Maria Furtwängler und Alessija Lause: Charlotte Lindholm ermittelt in Zusammenarbeit mit Kripobeamtin Carla Prinz. © NDR/Gordon Muehle