Vor Kurzem hat tomeque sein Solo-Debüt hallo welt_ veröffentlicht. Im Fünf Fragen an… Interview hat der deutsche Sänger über sein Soloalbum gesprochen, sein Pseudonym, über seine musikalischen Wurzeln und Inspirationen und auch über seine Zukunftspläne.
tomeque, die Veröffentlichung Deines ersten Soloalbums steht vor der Tür. Warum hast Du Dir so lange damit Zeit gelassen, endlich Dein Solo-Debüt zu fahren? Als Musiker bist Du ja schon viele Jahre unterwegs.
Ich habe, denke ich, immer geglaubt und gehofft, dass es irgendwann mal mit Band klappt, ein Album aufzunehmen. Aber irgendwie sind wir nie bis dahin gekommen…
Doch auch so musste es erstmal ernsthaft klick in mir machen, bis ich dann als Solomusiker soweit entschlossen war, das Album von Anfang bis Ende durchzuziehen. Man weiß ja vorher nicht, was da alles auf einen zukommt und wie das alles funktioniert. Ist halt schon eine Menge Arbeit, wenn du alles allein machst und organisierst, „daneben“ einen Vollzeitjob hast und so Studioaufnahmen zeitlich und finanziell nicht immer drin sind.
Und weil es wahrscheinlich nicht jede/r weiß: Warum hast Du ausgerechnet tomeque als Pseudonym gewählt?
Eigentlich heiße ich Tom. Das hat sich mal bei einem Elektroprojekt ergeben, das ich dann Tomeck genannt wurde oder mich Tomeck nannte. Auch in gestalterischen Projekten an der Uni habe ich mich dann so genannt. Wahrscheinlich auch in Abgrenzung zu meinem sonst eher analytischen, informatischen Ich.
Und irgendwann ist da die Schreibweise tomeque drausgeworden. Das hat so was schön Europäisches. Der französische Suffix -que, im Portugiesisch-Spanischen heißt das sowas wie „nimm das“ bzw. „nimm, dass…“. Und man kann es englisch oder auch polnisch ausprechen…
Was war Deine Inspiration für Dein Album? Deine Songs sind ja fernab vom Mainstream (was ich sehr mag daran). Und warum hast Du es ausgerechnet auf Deutsch geschrieben, wo Du doch viele Jahre in Britpop-Bands gespielt hast? Für mich ist das, was zurzeit um Teil von deutschen KünstlerInnen wie Dir kommt, fast wie der Anfang einer neuen NDW, was ich auf LaTrash.de auch in der Review zu Deinem Album hallo welt_ geschrieben habe.
Da ist einiges zusammen geflossen. Zum einen wollte ich nach einer Bandtrennung vor etwa 5 Jahren erstmals solo was versuchen. Und einfach mal ein paar alte Songs aufnehmen, bei denen ich befürchtete, dass die sonst verblassen und in Vergessenheit geraten. Doch ich wollte auch nicht nur Akustikgitarre und Stimme, sondern auch eine gewisse Sphäre und rhythmische Komponente nach meinen Vorstellungen in den Songs. Und auch meinen Synthesizer die Songs integrieren, nicht nur als lustigen Geräusche- macher, sondern als gleichwertiges Instrument ins Songwriting einbauen.
Von der Inspiration her ist da etwas in meinem Album, das schon immer aus mir raus wollte. Also zuvorderst wohl meine grundsätzlichen Prägungen und Vorlieben als Musiker sowie allgemeine Gegenwartseindrücke. Ansonsten: Roosevelt, Parcels oder Metronomy lehnen sich mit ihrem Discosound ja eher an eine amerikanisch-motownige Tradition an. Mir selbst liegen jedoch britische, schwedische oder krautrockige Referenzen näher, auch Wave, NDW und EBM.
Und vom Soundbild mag ich mehr den Wall of Sound statt räumlich immer klar verortbarer Instrumente mit Dolby-Bassbauch.Ich bevorzuge eher schwelgerisch-melancholische Harmonien und Schwebezustände als so einen funkigen Rythm-and-Blues.
Das Album ist letztlich eine Zusammenführung aus meiner Zeit als Rockmusiker, als Soloklampfer und als Elektroprojektler, und dem Klangbild, dass sich über die Jahre als Vorstellung in meinem Kopf und Herz zusammen gebraut hat. Und ich wollte ich auch dieses Zufällige und Unterbewusste mit in den Songs haben, das im Proberaum aus der spontanen Interaktion mit anderen Musikern entsteht. Also habe ich mich durch bestimmte repetetive Rhythmen, Effekt- und Lichtspielereien selbst wie in Trance gebracht und auf meinen eigenen Songfragmenten herum improvisiert, um gewisse Stimmungen in mir aufzudecken, und damit den Songs ein gewisses Etwas, eine Ungreifbarkeit, eine Unendlichkeit zu verleihen…
Meine Texte sind schon länger deutschsprachig, auch in meinen letztens Bands habe ich meist deutsch gesungen. Ich habe irgendwann festgestellt, dass man doch so einiges falsch in der englischen Grammatik machen kann. Englische Vokabeln mögen zwar einfach erscheinen, aber du willst ja als Sänger nicht nur deskriptiv Handlungen oder Zustände beschreiben, sondern auch mit Worten und Bedeutungen spielen. Auch bin ich mit deutschsprachigen Texten wohl näher an mir selbst dran, mit der Begriffswelt in der ich träume und fühle.
Und apropos Inspiration: Welche KünstlerInnen haben Dich im Laufe Deines musikalischen Wegs besonders inspiriert, aus der Musik, aber vielleicht auch aus anderen Künsten?
Ich wurde zuletzt häufiger gefragt, ob mich Synthiepop der 80er sehr stark beinflusst hätte. Ich glaube nicht im klassischen Sinne. Als Einflussbands würde ich eher MGMT, M83, Massive Attack oder so nennen. Ganz toll finde ich Kollaborationen von Electroacts wie UNKLE, Nitin Sawhney etc. mit britischen Sängern wie Thom Yorke, Ian Astbury, Joel Cadbury etc. Ich hab mir immer gewünscht, dass das nicht nur so Einmal-Songs sind, sondern dass es mal ein ganzes Album z.B. von James Lavelle mit Ian Brown geben würde und die auch mal gemeinsam touren.
Im Bandkontext haben mich irgendwann die klassischen 4/4-Schlepprock-Rhythmen genervt, und wir haben immer mehr beatigere Elemente und Postrock-Sachen integriert. Die Platte „From Here On In“ von South, die ehemalige Liveband von UNKLE und DJ Shadow, war für mich ziemlich einflussgebend, insb. was deren Rhytmuspart anbetrifft. Rinôçérôse „Schizophonia“ war für mich auch eine sehr große Platte, Electro-Dancerock mit Punkattitüde. Auch möchte ich das erste Album von Polarkreis 18 nennen, weil die neben den Synth- und Beatelementen auch eine postrockige Sphäre in die Songs eingewebt haben.
So ganz kann ich die 80er aber nicht leugnen, Pet Shop Boys, Army of Lovers und Schwedenpop allgemein fand ich schon als Kind toll. Und auch das was von Johan Angergårds Projekten im Labrador-Umfeld wieder aufgegriffen wurde. Als musikalischen Bezugspunkt würde ich im Bezug auf die 80er eher so Stone Roses, Spacemen3, Slowdive und My Bloody Valentine nennen. Oder The KLFs Chill Out.
Jenseits der Musik haben mich surrealistische Werke wie Jean Cocteau‘s „Kinder der Nacht “, René Crevels „Babylon“ oder Raymond Queneau beeinflusst. Wie auch die naiv- realistischen Traumwelten von Tschingis Aitmatov. Filmisch hat mich Lars von Trier mit seinen früheren Werken begeistert, oder Dagur Kári. Aber auch Axel Ranisch’s Hang zu surrealistischen Einflechtungen wie bei „Ich fühl mich Disko“.
Dein Solo-Debüt steht vor der Tür, was eigentlich ja auch Auftritte mich sich bringen würde, doch in Zeiten wie diesen ist es sehr schwer, Pläne zu machen. Das gilt für MusikerInnen und andere KünstlerInnen ganz besonders. Lass mich Dich dennoch fragen, was Deine musikalischen Pläne für die nächsten 12 Monate sind.
Schwierige Frage, da durch Lockdown und Virus alles ziemlich ungewiss ist. Wir mussten bereits auf eine große Releaseparty mit Auftritt verzichten und ich habe stattdessen haushaltsweise zu einer Artwork-Ausstellung mit Videopreview, Reinhören ins Album und intimen Ständchen auf der Klampfe eingeladen.
Auch wollte ich begleitend zum Album ein paar Konzerte mit Synthband geben, und nicht wie zuletzt nur mit Klampfe. Ob da was in den nächsten 12 Monaten möglich sein wird, ist schwer zu sagen, aber ich bleibe dran. Die Releaseparty möchte ich schon gern nachholen, sobald das möglich ist.
Ansonsten werkle ich derzeit noch an einer EP mit Remixen für nächstes Jahr. Ansonsten steht natürlich Album #2 im Raum, aber stilistisch möchte ich mich da noch nicht festlegen, ich kann mir derzeit aber gut vorstellen, dass das im Vergleich zu hallo welt_ noch etwas elektronischer und beatlastiger wird.
Danke für das Interview! Ich wünsche Dir alles Gute für Deine weitere musikalische Reise. Und bleib gesund!
Danke für die Fragen und die Wünsche. Same to you!