Florian Franke im Interview über sein neues Album, Musik in Zeiten von Corona und seine Zukunftspläne

Florian Franke ist einer, den man sich merken sollte. Finde ich. Der Sänger und Musiker führt Jazz und Pop zusammen und hat mit seinem aktuellen Album „Rosa Elefanten“ eine wichtige Marke in der deutschen Musiklandschaft gesetzt. Im Interview mit LaTrash.de spricht er über sein neues Album, wie Corona ihn ausgebremst hat und was er in den nächsten 12 Monaten vorhat.

Florian, mitten während Corona hast Du Dein neues Album „Rosa Elefanten“ veröffentlicht. Die Promo für Dein Album war entsprechend anders als sonst. Wie empfindest Du für Dich diese Zeit und wie gehst Du damit um, dass Du zum Album-Release eben keine Konzerte geben konntest?

Der Release verlief natürlich anders als geplant. Es hat sich im März ja schon angedeutet, dass eine Tour dieses Jahr schwierig werden würde. Die meisten CDs und Platten verkauft man live, daher war das natürlich eine kleine Katastrophe. Wir hatten das Glück, dass zumindest das Releasekonzert stattfinden konnte. Statt 600 Tickets durften wir zwar nur 100 verkaufen, aber es hat sich sehr gut angefühlt das Album auch live zu feiern.

Ab September wären wir eigentlich auf Tour gegangen. Mittlerweile habe ich mich damit arrangiert. Ich hatte seit langem nicht mehr so viel Zeit um zur Ruhe zu kommen.

Ich freue mich einfach umso mehr auf die ersten Konzerte nach dieser langen Durststrecke.

Florian Franke Rosa Elefanten Album
Florian Franke Rosa Elefanten Albumcover

In einem Facebook-Posting hast Du Ende Oktober anlässlich des Instagram-Aufrufs von Till Brönner geschrieben: „Seit März fehlt mir in meinem Beruf die Perspektive und das Gefühl (politisch) ernst genommen zu werden. Ich will hier jetzt nicht rumheulen, aber ich stelle immer wieder fest, dass selbst Leute aus meinem engen Freundeskreis nicht wissen, wie es gerade um die Branche bestellt ist.“ Wie siehst Du das jetzt, wiederum einige Woche später, mit dem erneuten Wissen, dass es auch im Dezember dieses Jahres keine Konzerte geben wird?

Es bleibt einfach eine gewisse Perspektivlosigkeit. Die Planung für das nächste Jahr ist komplett offen. Wir versuchen jetzt die ersten Shows ab April zu planen, aber ob das so funktioniert lässt sich nicht seriös sagen.

Dieses Jahr ist für niemanden einfach, aber viele aus meinem Bekanntenkreis, haben eine falsche Vorstellung von den Hilfen und dem Alltag in der Kulturbranche. Wie katastrophal diese Zeit ist, werden die nächsten Monate zeigen. Nicht nur die Künstler, auch die gesamte Infrastruktur der Branche steht auf dem Spiel, Techniker, Spielstätten. Daran hat sich leider nichts geändert.

Jon Flemming Olsen hat in seinem „Corona und die Kunst“ Gastbeitrag für LaTrash.de Folgendes geschrieben: „Man hat wie immer den Eindruck, als ob die Entscheider*innen auf uns schauen und sagen: „Ach, diese Kunst und Musik und das alles – das machen diese Leute doch sowieso. Die wollen das ja. Das macht denen ja Spaß. Die gehen da so drin auf, da muss man sich gar nicht kümmern.““ Wie siehst Du das?

Ich habe das Gefühl, dass viele meiner Kollegen und Freunde gewohnt sind mit widrigen Bedingungen umzugehen. Das Künstlerleben war ja nie leicht, Gagen sind knapp, die Aufmerksamkeit der Leute sowieso.

Wir sind da einfach sehr leidensfähig und nehmen zu viel hin.

Vielleicht ist das aber jetzt eine Chance über bestimmte Bedingungen in der Branche zu diskutieren und Geschäftspraktiken in Frage zu stellen. Mich stören beispielsweise seit Jahren schon diese ganzen Hut und Umsonst Konzerte.

Ich glaube der politische Nachteil in der Kulturszene ist, dass wir einfach nicht so gut vernetzt und organisiert sind. Uns fehlt die Lobby.

Das Politiker absichtlich nicht für uns einstehen glaube ich nicht. Vielen ist bewusst, wie schwer es für Kulturschaffende gerade ist. Wir sind aber leider keine homogene Szene, sondern sehr unterschiedlich aufgestellt. Da für alle eine passende Lösung zu finden, ist nicht einfach.

Für mich führt kein Weg an einer grundsätzlichen Frage vorbei, wie man in Zukunft mit Kultur umgehen möchte und welchen Stellenwert sie in der Gesellschaft hat.

Ein zentraler Punkt dieser Krise ist für mich nämlich auch, dass die Bedingungen schon vor Corona furchtbar waren.

Und wie siehst Du, als ebenfalls selbst betroffener Musiker, die Zukunft der Musikbranche? Glaubst Du, dass in dieser Krise auch eine Chance steckt, wie manche gerne als Floskel „Krise als Chance“ rausgeworfen haben in den vergangenen Monaten?

Das werden die nächsten Monate zeigen. Wenn wir es schaffen, eine Lobby aufzubauen und Mindestbedingungen zu formulieren vielleicht. Ohne politischen Rückhalt wird das aber schwer.

Ein Beispiel sind für mich Streamingabrechnungen. Selbst mit einer starken nationalen Lobby, hätten wir es schwer gegen internationale Konzerne. Das konnte man schon ganz gut beim Streit der GEMA mit Youtube beobachten.

Wie viele Leute die GEMA schlecht finden ohne zu wissen, wie wichtig diese für uns Autoren ist, ist erschreckend.

Und wie kannst Du Dich in einer Zeit wie dieser motivieren, weiter zu machen und Dein Leben als Musiker nicht an den Nagel zu hängen?

Ich kann halt nicht anders. Für mich entsteht meine Musik aus einem Drang heraus, etwas zu erzählen und auszudrücken. Dieser Drang wurde in den letzten Monaten eher größer als kleiner.

Es sind halt extreme Zeiten. Ich mache das ja nicht, weil ich Influencer oder TV Sternchen werden möchte, sondern weil mich Musik glücklich macht. Das hat sich für mich nie geändert. Gerade in dieser Phase ist Musik für mich unerlässlich.

Florian Franke © Chris Rausch
Florian Franke © Chris Rausch

In Großbritannien ist man schon so weit gegangen, das habe ich vor einiger Zeit in einem Interview mit einer britischen Band erfahren, dass KünstlerInnen umgeschult werden sollen. In Deutschland sind wir (noch?) nicht so weit, hier läuft das noch auf freiwilliger Basis. Aber aus dem Kreativbereich sind mittlerweile so manche offen für einen neuen Berufsweg, habe ich letztens gelesen. Wäre das für Dich persönlich ein Plan B, wenn sich nichts ändert? Niemand kann ja sagen, wie lange es noch unmöglich sein wird, Konzerte vor Live-Publikum zu spielen und dadurch auch neue Songs und neue Alben ganz gezielt zu promoten.

Das ist ja abgefahren und kannte ich auch noch nicht. Ganz ehrlich, ich habe mein ganzes Leben der Musik untergeordnet. Mit 5 angefangen Klavier und Chorgesang zu machen, etwas später Gitarrenunterricht, irgendwann Musik studiert.

Theoretisch bin ich ein hochspezialisierter Fachmann.

Manche Menschen glauben anscheinend, dass das einfach ein ganz nettes Hobby ist.

Das sagt leider viel über den Stellenwert in der Gesellschaft aus.

Es wird ja immer mehr Musik konsumiert. Im Auto, im Internet, im Fernsehen oder bei Computer-Spielen. Das wird auch in Zukunft nicht abnehmen, man muss nur schauen, wo man mit seiner Kunst da in die Wertschöpfungskette kommt.

Eine Umschulung als Alternative würde ich nicht ernst nehmen.

Gibt es abschließend etwas, was Du gerne sagen würdest? Über Dein Album „Rosa Elefanten“ und was Du Dir vielleicht für die Zukunft wünschst?

Ich war noch nie so stolz auf etwas, wie auf dieses Album. Es war ein Mammut-Projekt, alles live und in unterschiedlichen Studios aufzunehmen und mit Videoteams zu filmen. Hört rein und macht euch ein Bild.

Vielleicht sucht ihr ja noch nach einem besonderem Weihnachtsgeschenk. (Anmerkung der Redaktion: Das Interview erscheint aufgrund der Winterpause erst jetzt. Trotzdem gibt es das Album natürlich immer noch zu kaufen! ;-))

Danke für das Interview! Bleib dran und mach weiter Musik. Und bleib gesund.

Christel