Ihre Single „Der Gast“ hat mich geschaudert, das Video zum Track setzte dem Ganzen noch eins drauf. OTTOLIEN haben sich daraufhin meinem Fünf Fragen an… Interview gestellt.
Eins gleich vornweg, das Video zu eurer neuen Single „Der Gast“ hat mich voll gecatcht. Wie kamt ihr auf die Idee zu diesem genialen Video, das die wahre Geschichte dahinter auf schaurige Weise in die Gegenwart transportiert?
Vielen lieben Dank! Schön, dass es dir gefällt! Das Video haben wir (wie immer) mit unseren Freunden von „Stabil und Grazil“ gedreht. Für den Originalschauplatz haben wir uns entschieden, weil wir einerseits die Räumlichkeiten genau kennen und uns so austoben konnten, wie wir es nirgendwo anders hätten tun können. Andererseits wirkt es für uns als unser Elternhaus so vertraut, dass die Szenen umso authentischer werden konnten. Wir waren also wirklich auf den Spuren des Gasts. Dabei halfen natürlich auch die Original-Relikte. Auch unser Video-Team war dadurch viel näher an der Geschichte des Songs. Am Ende wurde ohne Drehbuch gearbeitet und wir hangelten uns von Bild zu Bild. Die beiden Ebenen der Wald-Suche und der Gegenstände kamen dann separat dazu.
Und warum habt ihr euch eigentlich dieser Schauergeschichte angenommen in eurem neuen Song? Und weshalb gerade in dieser Zeit, in der uns die Gegenwart schon derbe gruselt? Die Pandemie ist ja bereits für sich eine Schauergeschichte hoch drei.
Die Geschichte geistert schon ewig in unserer Familie umher und wir wollten schon immer etwas darüber schreiben. Vielmehr hat die Geschichte des Gasts uns ausgesucht. Wir sind in den Wänden aufgewachsen, in denen er zuletzt gewohnt hatte. Dass es so schaurig ist, finden wir gerade passend. Wir möchten nicht nur egozentrische Gefühlssongs schreiben. Storytelling-Songs fanden wir schon immer gut und schaurige Zeiten brauchen nicht nur Songs zum darüber hinweg denken. Wenn Leute uns jetzt schreiben, dass sie der Song gruselt und sie das Video fühlen, dann bestätigt uns das genauso wie bei unseren Songs, die eher Glücksgefühle auslösen. Man entführt die Hörer*innen ja trotzdem in eine Welt ohne Pandemie. Auch wenn es eine eher düstere ist.
Das Video spielt in den Kulissen von einst. Sieht es in der Pension eurer Großmutter tatsächlich immer noch so aus? Mich, die ich in den 80igern ihre Jugendjahre erlebt hat, gruselt ein solches Ambiente ja immer zusätzlich. Vielleicht funktioniert das Video deshalb besonders gut bei mir. Wobei ich finde, dass der Song allein schon genug Schauer-Potenzial hat, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Heute ist das Haus keine Pension mehr, aber viele Räume sind noch aus den alten Zeiten und haben sich kaum optisch verändert. Für uns sind die Räumlichkeiten seit Kindheitstagen so eingerichtet. Mulmig wurde uns beim Dreh trotzdem manchmal -gerade als der Song währenddessen abgespielt wurde.
Ihr seid Brüder und tretet zusammen auf. Was hat euch dazu gebracht, tatsächlich zusammen zu arbeiten und eure – anscheinend massig vorhandene – Kreativität zusammen zu werfen und OTTOLIEN zu gründen?
Eigentlich sind wir eine Art Comeback-Band. Wir haben als 5- und 7-Jährige angefangen Gitarre zu spielen und bald unsere ersten eigenen Lieder geschrieben, als Singer-Songwriter-Duo. Wir spielten zusammen in Schulbands, sangen in Chören und waren als Duo Teilnehmer des für uns prägenden „Treffen Junge Musikszene“ in Berlin. In den Teenager-Jahren lebten wir uns musikalisch auseinander. Der Klassiker! Jonas ging immer weiter in Richtung Rap, fing an Beats zu bauen und erste eigene Texte zu schreiben. Leonard war als Singer-Songwriter unterwegs. Dabei unterstützen wir uns immer wieder und teilten viele Bühnen. 2018 bemerkten wir, dass es auf der Hand liegt uns wieder „offiziell“ zusammenzufinden. Wir schrieben unsere ersten gemeinsamen Songs und OTTOLIEN als Band war wiedergeboren. Hier verbinden wir jetzt unsere musikalischen Hintergründe zu etwas Neuen.
Im kommenden Jahr wollt ihr eure Debüt-EP veröffentlichen.Sind noch weitere Schauergeschichten von euch zu erwarten oder wird der nächste Song dann in eine ganz andere Richtung gehen? Und wie geht ihr mit dieser Zeit um, in der KünstlerInnen nicht auftreten können und ihr euch in Sachen Songs gegen viele andere Neuerscheinungen behaupten müsst?
Wahrscheinlich bleibt „Der Gast“ der schaurigste Song der EP! Die übrigen Lieder sind nicht grundsätzlich Happy-Songs, dabei aber eher aus der Ich-Perspektive geschrieben. Wir verraten lieber noch nicht zu viel, aber gerade der nächste Song wird wieder eine andere Vibe-Richtung einschlagen. Es ist uns dabei wichtig die Balance zwischen facettenreich und eigen zu halten.
Die jetzige Situation ist schnell extrem frustrierend. Wir „nutzen“ sie so gut es eben geht und versuchen auf eine Zeit „danach“ vorbereitet zu sein. Natürlich verlagert sich alles auf das übersättigte Social-Media-Game. Vor dem Sommer haben wir viele Streaming-Konzerte und ein Auto-Konzert gespielt um weiter präsent zu sein. Mittlerweile fokussieren wir uns auf das Schreiben und Produzieren neuer Songs. Wir ziehen unser Ding durch soweit es geht und ohne uns verrückt zu machen. Es gelingt uns mal mehr, mal weniger!
Danke für das Interview! Ich werde euch weiter auf dem Schirm behalten und wünsche euch alles Gute für eure weitere musikalische Reise. Und bleibt gesund!
Christel