Zugegebenermaßen: Bis heute konnte ich nichts mit Johannes Oerding anfangen. Seine Musik nicht meins, obwohl ich Singer-Songwriter mag. Seine Stimme, auch nicht so ganz meins. Doch mit Anfassen hat er sich nun doch in mein Herz gesungen.

Der Text, alles andere als banal. Johannes Oerding besingt in Anfassen genau das, was auch mich immer mehr umtreibt. Vielleicht hat er deshalb genau mit diesem Song mein Herz endlich erreicht.

„Wir wissen alles überall
Doch viel zu wenig über uns
Und dieses bisschen wird dann noch geteilt
Was einmal echt war, ist jetzt kalt
Heute künstlich, früher Kunst
Wer Grenzen nicht bemerkt, geht oft zu weit“

heißt es am Anfang von Johannes Oerdings Anfassen. Diese Zeit, so sehr beschrieben. Eine Zeit, in der Social Media einen sehr großen Teil unseres Lebens einnimmt und uns mehr nimmt, als es uns vielleicht gibt.

Ich habe mich vor Kurzem aus meinem privaten Twitter-Account zurückgezogen. Hunderte von Followern und immer wieder bestürmt werden mit Dingen, Eindrücken, Fotos, die ich nicht sehen will, die ich nicht lesen will, die ich sonst nicht gewollt in mein Leben lassen würde.

Ja, natürlich ist da ein Miteinander, das auch stärkt und es entstehen Bekanntschaften weit über Social Media hinaus. Doch in der Fülle bleibt das Meiste eben doch leer.

„Wir haben Tausende von Träumen
Doch verlieren das echte Leben
Es zerfällt zu Staub aus Nullen und Einsen“

heißt es weiter im Text. Und ja, wir verlieren dabei das echte Leben. Das ist die Gefahr, die dieses ständig präsent sein in den Sozialen Medien nun mal mit sich bringt. Online wird zu einer zweiten Heimat und mehr und mehr kann der Draht zum eigentlichen, dem wahren Leben verloren gehen.

Auch wenn ich schon seit Jahren sage: Digital und Analog sind kaum mehr voneinander zu trennen, beruflich ist das bei mir auch der Fall. So ist das digitale Leben manchmal mehr als verlockend, weil der Schein mitunter weit glitzernder ist als der analoge Alltag.

Für mich als Mensch, ich bin tiefgläubige Christin, habe ich gemerkt, dass ich mein Sein im Netz immer wieder neu in Frage stellen muss. Passt das noch in mein Leben, in meinen Alltag, in meinen Glauben? Auch wenn ich über Social Media andere Gläubige gefunden habe, mit denen ich ein stückweit meinen (Glaubens-)Weg gehen kann und konnte. So ist es doch eine Welt, die mitunter nur wenig mit meinem Leben zu tun hat. Auch wenn ich authentisch bin und online immer die war und bin, die ich bin. Trotzdem ist es ein anderes Leben.

Und gerade in den Zeiten von Corona ist es wichtig, sein eigenes Herz zu schützen und auf die zu schauen, die wirklich einen Platz im eigenen Leben haben. Das können Menschen sein, die man mitnimmt aus Social Media in das ganz reale Alltagsleben. Aber vor allem sind das Menschen, die um einen sind und die mitunter zu wenig Raum einnehmen aufgrund der vermeintlichen Glitzerwelt des Digitalen.

„Ich brauche was zum Anfassen, dann kann ich wieder loslassen
Ich will mich nicht mehr anpassen, ich will mein Leben wieder selbst in der Hand haben
Denn wir ertrinken mehr und mehr in diesem kalten Lichtermeer
Wenn überall immer alles geht, ist der Moment nichts mehr wert“

heißt es im Chorus von Johannes Oerdings Anfassen. Genau das möchte ich. Ich will nicht ertrinken in diesem Lichtermeer, das nur allzu oft mehr Schein ist als wirkliches Sein. Ich will, auch und gerade in dieser Zeit, das Leben anfassen, neu umarmen – und eines Tages wieder die Menschen umarmen können, die mir etwas bedeuten.

Kommt noch gut durch diese Zeit und bleibt gesund!

Johannes Oerding Anfassen Video (OneShot Video)

 

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